Wenn man sich für ein neues „Spielzeug“ interessiert, gibt es zwei Herangehensweisen: Entweder, man verfährt komplett nach Bauchgefühl – was dann das Risiko birgt, zwar spontane Freude über die Neuanschaffung zu empfinden, allerdings häufig gefolgt von Ernüchterung, wenn sich der „Fang“ als doch nicht so lohnenswert und dauerhaft erweist. Oder aber, man informiert sich im Vorfeld ausgiebig, sucht sehr intensiv – und stellt mitunter fest, dass die besten Angebote weg sind, weil man zu lange gezögert hat.
Die Wahrheit ist wie üblich irgendwo dazwischen.
Im Februar stolperte ich auf einer der bereits erwähnten Plattformen über einen roten Miata Bj. 1990, der aus mehreren Gründen sehr interessant schien: Er hatte absolute Vollausstattung, schien optisch in gutem und vor allem rostfreiem Zustand zu sein, stand nicht zu weit weg (ca. 60km) und passte ins Budget. Fast zeitgleich tauchte ein zweiter auf, beinahe gleiche Ausstattung, optisch schlechterer Zustand aus dem der Anbieter auch keinen Hehl machte, jedoch nur wenige Euros „günstiger“. Also fing ich an, mich umfassend schlau zu machen, auf was man bei einem Modell dieser Zeit und dieser „Provenienz“ so alles achten muss. Schließlich vereinbarte ich einen Probefahrttermin nachdem die Autos beide schon ca. 6-7 Wochen im Netz inseriert waren. Am Tag des Termins war der bessere von beiden weg. Pech. Oder auch nicht – wer weiß das schon.
Die anderen Angebote der nächsten Tage und Wochen waren preislich zwar günstig aber alles andere als interessant – meist völlig abgerockte Autos oder aber derart mit Verkleidungen und Zusatzausstattungen verunstaltet, dass der gesuchte Charakter nicht mehr gegeben war… …bis dann… …das Mchen auftauchte.
Inseriert war der Wagen als „Special Edition“ – was erst mal nichts heißen muss, denn Sonderausgaben hat Mazda schon immer gern und vielfältig aufgelegt – gerade beim MX-5 gibt es eine lange Latte davon. Trotzdem fiel dieser irgendwie auf. An sich wäre ich spontan nicht auf „blau-metallic“ mit beigefarbenem Interieur gekommen, aber das war Anfang der Neunziger nunmal das Maß der Dinge für einen Roadster. Und da Fragen bekanntlich kostenlos sind und die Entfernung überschaubar verabredeten wir uns und ich fuhr hin.
Kaum hatte der Besitzer die Schutzplane abgezogen, blinkten mich vom Kotflügel die Embleme „M-Edition“ an. Interessant. Die Ausstattung schien gehoben wenn auch auf den ersten Blick nicht spektakulär. Außerdem waren die Spuren von 23 Jahren (EZ 1994) deutlich erkennbar, und auch der Angstgegner jedes MX-5-Besitzers – Schweller-Rost – war durch mäßig ordentlich verarbeitete Reparaturbleche „TÜV-tauglich“ beseitigt worden – aber auch nicht mehr als das. Die Radläufe achtern trugen dementsprechend auch schon deutlichen „Blümchenschmuck“, von der einen oder anderen kleinen „Kampfspur“ mal ganz abgesehen.
Im gleichen Moment fuhr interessanterweise ein älterer Herr vorbei (jaja, wer im Schlachthaus sitzt, sollte nicht mit Schweinen werfen), bremste scharf, stieg aus und fragte, ob der Wagen zu verkaufen sei – meinen Kommentar „Das hängt stark davon ab, was ich jetzt gleich sage“ beantwortete er mit „Sie wissen schon, dass das ein besonderes Teil ist?“ – was ich nur süffisant mit „Sonst wäre ich nicht hier“ konterte. Ob’s Zufall oder Absicht war, lustig war’s.
Also Probefahrt – meine erste mit ernsthafter Kaufabsicht durchgeführte Roadster-Fahrt. Dach auf – mit Anfängerfehler (Reißverschluss für’s Heckfenster vergessen, loszumachen) und Motor anlassen – Pfffrt denkste, das Ding ist ein Ami, Leerlauf und Orgeln führt da zu gar nichts, der startet nur mit durchgetretener Kupplung – na gut, muss man wissen. Trotz scheinbar längerer Standzeit war der Motor zwar etwas unwillig aber doch sofort da. Also bei typischen Apriltemperaturen eine Runde durch’s Neandertal gedreht, dumme oder weniger dumme Anfängerfragen gestellt und mal angetestet, was mit 131PS so geht wenn das Auto nicht wirklich viel wiegt… um dann festzustellen, dass das was da auf der Uhr angezeigt wird, Meilen sind – autsch, das hätte in Anwesenheit der Rennleitung ins Geld gehen können.
Zurück auf dem Stellplatz noch ein paar Detailfotos gemacht, vorsichtig sondiert, ob der Verkäufer beim Preis noch Flexibilität hat (ich bin kein Teppichhändler und um’s kurz zu machen – er hatte nicht – er wusste verflixt nochmal ganz genau, was er da hatte) und den Abschluss vertagt, da ich noch recherchieren und mit meinem freundlichen Mazda-Händler Rücksprache halten wollte – man möchte ja wissen, welche Folgekosten man sich so einhandelt (Nee was bin ich auf einmal spießig…).
Der Rest ging Schlag auf Schlag – nach der Versicherung meiner Fachwerkstatt, dass so ziemlich jedes von mir erkannte Problem mit überschaubarem Aufwand zu beheben sei, der Feststellung im Netz, dass dieses Fahrzeug eine zu 100% unverbastelte und original erhaltene 1994er M-Edition ist, von der es nur 3000 Stück gab, und einem Schnellcheck bei der Versicherung, der trotz SF2 einen geradezu lächerlich günstigen Beitrag ergab, ging’s schon tags darauf mit einer ordentlichen Anzahlung in der Tasche zum Verkäufer, und mit Papieren und Kennzeichen retour. Die längsten fünf Tage der letzten Jahre später war dann Abholung angezeigt – Restbetrag war überwiesen, schöne neue Bottroper Wunschkennzeichen im Gepäck und zusammen mit Sohnemann bekam das Mchen ein neues Zuhause verpasst.
Bei der Abholung stand der Wagen offen, der Motor war ordentlich warm – die Frage „Na, Abschiedsfahrt gemacht?“ folglich eher rhetorisch. Ein zwischenzeitlich noch aufgetauchtes Hardtop kam gegen kleinen Obolus noch dazu und als wir losfuhren erlebte ich das erste mal, dass ein Auto von seinem Vorbesitzer einen Abschiedskuss bekam – ich nehm‘ das dann mal als Auftrag für gute Behandlung und Pflege 🙂
Eins noch bevor es für heute reichen soll: Bei der Recherche – und auch bis heute – fand ich, dass mit der Bezeichnung „M-Edition“ eine Menge Schindluder getrieben wird, wenn auch zum Glück nicht im deutschen Markt, für den das Modell ja gar nicht gebaut war – es wurde nur in den USA angeboten. Trotzdem werde ich die von mir zusammengetragenen Details und alle noch kommenden Hinweise zu Instandsetzungsarbeiten etc. auf separaten Seiten auf dieser Webseite dokumentieren – vielleicht hilft’s mal jemandem.
Ansonsten – das Auto hat den „Segen“ des TÜV bis August 2018 – jetzt wird erst mal genossen bevor es wahrscheinlich nochmal ans Eingemachte geht. Hoffen wir, dass der Sommer nicht schwächelt.