Na das ist mal wieder Wasser auf meine Mühlen: Angesichts einer geplanten Gesetzesänderung streiten sich Haus- und Grundbesitzer und Mieterbund über das Phänomen „Mietnomadentum“.
Die eine Seite empfindet das Problem – naturgemäß – als ein massives. Glaubt man der „Fernsehberichterstattung“, so müsste Deutschland in der Tat voll sein von Leuten, die nichts besseres zu tun haben, als ihre Vermieter vorsätzlich und nachhaltig zu schädigen, und dabei auch noch ganz frech auf die gesetzlich verbrieften Mieterrechte zu pochen.
Die andere Seite muss – genauso naturgemäß – abwiegeln, denn schließlich gibt es keine schlimmere Vorstellung als wenn Vermieter zukünftig ihre Mietinteressenten zunächst einmal auf Herz und Nieren prüfen und am besten dazu noch eine Art „Führungszeugnis“ fordern könnten. Das ist natürlich übertrieben, aber in solchen Auseinandersetzungen muss ja fleißig gewuchert werden, sonst gibt’s keine Presse 😉
Jedenfalls ist es nun so, dass es eine Änderung im Mietrecht zur Bekämpfung ebendieses Mietnomadentums geben soll, und damit diese auch Hand und Fuß hat, wurde zunächst eine Studie in Auftrag gegeben – in sowas sind wir Deutschen ja ganz groß. Fatal bloß, dass die Beteiligung an dieser Studie entweder klar belegt, dass das Problem keines ist (bzw. überspitzt dargestellt wird), oder aber die Mehrzahl der Vermieter dermaßen unbeteiligt ist, dass sie sich schlicht nicht um eine Meldung kümmerten. 1400 Meldungen (von denen nur 400 als „echte“ Fälle klassifiziert wurden) auf 24 Millionen Mietwohnungen ist jedenfalls ein verheerendes Bild.
Hat deswegen der Mieterbund mit seiner Einstellung Recht?
Nicht zwingend, möchte ich behaupten. Vermutlich ist die Einschätzung, dass von den gemeldeten Vorfällen nur in ca. 1/3 Vorsatz – und damit der eigentliche Tatbestand des Mietnomadentums – gegeben war, nicht so verkehrt. Aber ebenso vermutlich gibt es eine nicht unerhebliche Dunkelziffer. Schließlich kann der Haus- und Grundbesitzerverband für sich nicht beanspruchen, alle Vermieter erreicht zu haben – sondern nur seine Mitglieder, und die sind entweder im Verhältnis nicht so stark betroffen, oder sie haben um die Aufforderung, sich zu beteiligen, nicht viel gegeben.
Ebenso wie nicht jeder Steuerzahler Mitglied im namensgleichen Bund ist, ist auch nicht jeder Mieter oder Vermieter „organisiert“ (es ist ja auch schon ewig nicht mehr jeder in einer zu seinem Berufszweig „passenden“ Gewerkschaft – von Parteien wollen wir gar nicht reden). Schaut man sich die – sicherlich auf Sensation getrimmten – einschlägigen Reportagen über geschädigte Vermieter und vermüllte Wohnungen an, so habe ich auch nicht unbedingt den Eindruck, hier aktive Mitglieder der jeweiligen Verbände gezeigt zu bekommen.
Dazu passt ganz gut, dass ich mich selbst angesichts der Anschaffung eines „Vermietobjekts“ mal versucht hatte, mit dem örtlichen „Haus und Grund“ ins Vernehmen zu setzen. Irgendwie war das ungefähr so ernüchternd wie gelegentliche Gespräche mit Gewerkschaftsvertretern. Wenn ich mich mit einem solchen Verein unterhalte, möchte ich in erster Linie wissen, was mir eine Mitgliedschaft für Vorteile bringt – es ist mir vergleichsweise egal, was andere schlechter oder gar nicht machen. So ein Club will von mir vor allem eines: Harte Barschaft. Ist es so verwerflich, dass ich da nach der angemessenen Gegenleistung frage?
Es nimmt also nicht Wunder, dass ich nicht „organisiert“ bin. Zumal auch der o.g. Artikel wieder einmal belegt, dass der Verband zumindest bisher mit dem Schreckgespenst jedes privaten (und auch des einen oder anderen gewerblichen) Vermieters überfordert ist – es gibt keine verlässliche Statistik und auch sonst keine erkennbaren Mittel zur Selbsthilfe. Dabei auf die fehlenden Rechtsmittel in Deutschland zu verweisen, wäre fadenscheinig.
Auf den Mieterbund gehe ich in diesem Zusammenhang übrigens nicht allzu detailliert ein – es dürfte aber klar sein, dass die Klientel, um die es bei diesem Thema geht, dort ebensowenig aktive Mitglieder stellen dürfte, und was Statistiken angeht – die Meinung darüber ist in historischen Zitaten genügend dargelegt.
Was aber nun tun in Bezug auf die modernen Nomaden und den Schaden, den sie hinterlassen?
Die Sache ist doch relativ eindeutig – schon meine Oma pflegte zu sagen „Wehret den Anfängen!“ Mein Mittel zum Selbstschutz hieß in diesem Fall Hausverwaltung, denn die hat den schönen Vorteil, dass sie die Mietverhältnisse voll unter Kontrolle hat und sofort Alarm schlägt, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Die medienwirksam präsentierten Nomadismusfälle haben in der Regel gemeinsam, dass die Vermieter sich viel zu lange ausbleibende Zahlungen, Ausreden und Versprechungen haben gefallen lassen. In diesem Sinne bringt eine Verwaltung mehr als sie kostet (ich sollte erwähnen, dass man die als Vermieter grundsätzlich aus eigener Tasche zahlt): Zahlt der Mieter nicht, bekommt er eine Mahnung. Ist er mit dem gesetzlich geforderten Mindestmaß im Rückstand, fängt er eine Kündigung. Dieser kann er durch Zahlung entgegenwirken. Das ist so einfach, dass man nicht mal ’ne Zeichnung machen muss – nur umsetzen muss es jemand.
Dabei spreche ich niemandem ab, dass er auch mal unverschuldet in eine Notlage geraten kann – aber auch das ist nicht das Ende der Welt, denn unser Sozialsystem sorgt normalerweise dafür, dass niemand auf der Straße leben muss. Es gibt lediglich die Anforderung, sich dann auch selbst um gewisse Behördengänge und ein wenig Papierkrieg zu kümmern. Leider ist bei manchem Zeitgenossen, der wahrlich keine anderen Verpflichtungen hat, schon die Disziplin für solche notwendigen Erledigungen nicht gegeben. Auch hier hilft nur der sprichwörtliche stete Tropfen oder der gelegentliche sanfte aber bestimmte Schubs.
Es bleiben natürlich diejenigen Kandidaten, die tatsächlich vorsätzlich ihre Masche fahren, sich irgendwo einzunisten, die Bude in das letzte Chaos zu verwandeln, und dann irgendwann bei Nacht und Nebel zu verschwinden um woanders weiter zu hausen. Wie jemand damit tatsächlich glücklich sein kann, wird sich mir auf ewig verschließen – aber das ist auch nicht der Punkt: Die Regeln sind einfach: Wer keine Kaution hinterlegt, zieht nicht ein. Wer mehr als zwei Monatsmieten im Rückstand ist, zieht aus. Das kann im unmittelbaren Fall etwas teurer sein (vorzuschießende Räumungs-/Lagerkosten), spart aber monate- oder gar jahrelangen Ärger mit einer „kostenlos“ überlassenen Wohnung die danach ein Sanierungsfall ist.
Natürlich würde mich auch eine Statistik interessieren, wie groß das „Problem“ denn nun wirklich ist. Aber wirklich Verlässliches ist da kaum zu finden…