Was kann ein Einzelner schon bewirken?
Diese Frage könnte man sich berechtigt stellen, wenn eines der größten und totalitärsten Regimes der Welt sein einskommawirwissengarnichtwieviel-Milliarden-Volk in himmlischer Harmonie wiegen und wahrhaft weltbewegende Ereignisse der eigenen jüngsten Geschichte am liebsten totschweigen will.
Hätte sich diese Frage jenem jungen Mann gestellt, dessen Foto und Filmaufnahmen von 1989 aktuell wieder in allen Nachrichtenkanälen zitiert (und im Land des Darüberhinweglächelns zensiert) werden, es gäbe diese Bilder nicht und es wäre ein weiterer Schritt, die Opfer der Demokratiebewegung in China dem Vergessen anheimfallen zu lassen. Was natürlich genau das ist, was die dortige Staatsführung gern möchte, und wozu ihnen alle Mittel recht sind.
Es wäre ja aber auch der für Asiaten traditionell so katastrophale Gesichtsverlust, wenn man öffentlich eingestehen würde, dass es damals durchaus Andersdenkende sogar in den Reihen der glorreichen Partei gab.
Machen wir uns nichts vor, totalitäre Auswüchse sind nicht auf das bevölkerungsreichste Land dieser Welt beschränkt – nein, sie sind nicht mal eine ausschließliche Patentlösung für Staaten „östlicher“ Prägung. In manchen Fällen ist es eine „Partei“ (der Allmachtsanspruch derselben spricht der Parteienidee Hohn), in anderen gar eine je nach Sichtweise „charismatische“ Person, die den Führungsanspruch in ihrem jeweiligen Machtbereich unbedingt behaupten wollen. In anderen Fällen kümmert sich bei den nur allzuhäufigen Schwächeanfällen der lokalen Demokratie das Militär in seiner unendlichen „Weisheit“ um die Geschicke, wobei da auch gern mal die eine oder andere Extrarunde gedreht wird, bis das „demokratische“ Endprodukt den Wünschen und Vorstellungen der Befehlshabenden entspricht – oder diese gar selbst „demokratisch“ installiert und „legitimiert“ sind.
Aber selbst das glorreiche „Land of the Free“ hat sich längst zu einem „Land of the Paranoids“, einem Land der begrenzten Möglichkeiten gewandelt. Die Liste der Ausspähungen, die in jüngster Zeit bekannt wurden, ist schier endlos und lässt erahnen, was, nicht zuletzt aufgrund der technischen Möglichkeiten, hinter den Kulissen noch alles abgehen mag. Was soll man aber auch erwarten von einem Land, das Einreisewillige unter Generalverdacht und auf eine Ebene mit Kriminellen und Terroristen stellt – prophylaktisch, denn es ist ja mal was passiert und es könnte ja noch viel mehr passieren.
Verwundern würde es nicht, hat sich die selbsternannte „Weltpolizei“ ja nun wirklich zur Genüge in ihrer Selbstgefälligkeit bei vielen Völkern nachhaltig unbeliebt gemacht. Nur weil man einmal ein hochgefährliches totalitäres Regime erfolgreich beseitigt hat, heisst das noch lange nicht, dass man das Universalrezept für alles besitzt, was gut ist für die Menschheit.