Presslufthammer-Kitas…

Ich glaub mir fällt grad alles aus dem Gesicht.

Als Familienvater ist man so einiges gewohnt, auch was den mitunter etwas ungebremsten Geräuschpegel von Kindern betrifft. Was sich aber jetzt der Landesvorsitzende der Senioren-Union von NRW geritten hat, zieht mir mal grad ganz gepflegt die Schuhe aus – findet er doch allen Ernstes die Zulassung von Kitas in Wohngebieten verfassungswidrig! Geht’s noch?

Der Hit dabei ist – der Mann vertritt diesen Standpunkt ohne rot zu werden (naja, Union halt), gehört dabei aber ganz offenkundig einer Generation an, die mehr als dankbar sein müsste, dass es in diesem Land überhaupt noch nennenswert Nachwuchs gibt – den irgendwoher müssen ja die Bezüge seiner Generation wenn schon nicht lang- so doch zumindest mittelfristig gesichert werden. Es wäre vermutlich vermessen und dem Generationenvertrag zuwider laufend, von Menschen dieser Gesinnung eine Verzichtserklärung auf anteilige Renten- und Pensionszahlungen aus Beiträgen von Kita-Kindern und deren Eltern zu verlangen.

Ich bekam vor einiger Zeit schon einen Rappel, als mir befreundete Eltern berichteten, dass eine langjährige Anwohnerin unseres Stadtteil-Kindergartens dadurch auffällig wurde, dass sie spielende Kinder anranzte – zu völlig normalen Betriebszeiten der Tageseinrichtung wohlgemerkt, die sich seit Mitte der sechziger Jahre höchstens zu ihren Gunsten verändert haben dürften.

Amüsanterweise mokiert sich Spiegel Online in diesem Kontext über die Zulassung von Flugrattenzucht bzw. die ablehnende Haltung gegenüber Friedhöfen in ebensolchen Wohngebieten. Da Tauben aber nunman weitgehend geräuschfrei ihren Guano verteilen, könnte man höchstens noch die logistischen Vorteile wohnortnaher Endlagerstätten aufzeigen – da aber jemand mit derart gestrigen Ansichten ohnehin schon bedenklich nahe am Endlagerungszustand, zumindest aber vollendet merkbefreit sein dürfte, ist die Argumentation kaum der Mühe wert.

Um es auf den Punkt zu bringen: Familien gehören in Wohngebiete. Kinderbetreuung soll wohnortnah sein. Wem Kinderlärm auf den Zwirn geht, dem steht ein gewaltiges Potenzial an Kita-fernen Wohnmöglichkeiten offen, zumal in unserem Land die Freizügigkeit in der oben bereits erwähnten Verfassung garantiert ist. Sollte dies tatsächlich der näheren Erörterung bedürfen, so mag man gerne ein Verbot von Kitas in der unmittelbaren Nähe von Seniorenresidenzen aussprechen – die Sinnfälligkeit einer solchen Anordnung wäre aber ohnehin zweifelhaft, auch wenn ein gewisser Trend zu später Elternschaft nicht von der Hand zu weisen ist…

Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass die Partei, der besagter Seniorenclub angehört, den Herrn mal gehörig einbremst und ihm darlegt, dass es andere Bevölkerungsgruppen gibt, die nicht nur seine Rente zahlen sondern im Zweifel auch über Erfolg oder Misserfolg seines politischen Clubs entscheiden.

Vielleicht baut der Herr ja auf die – demografisch nicht komplett von der Hand zu weisenden – künftigen Mehrheitsverhältnisse, es sollte ihm aber klar sein, dass dies bei allem medizinischen Fortschritt kein Zustand von unbegrenzter Dauer sein wird.

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