Na das ist doch mal eine gute Nachricht:
Unsere Welt ist besser als wir das gemeinhin wahrhaben wollen.
So schreibt’s zumindest der Focus und hat auch nicht unerhebliche statistische Belege dafür – und wenn ich mir diese mal so zu Gemüte führe und es mit dem vergleiche, was mir über die Jahre hinweg so aufgefallen ist, so haben sie zumindest mit einem garantiert Recht: Bislang ist keine der düstersten Vorhersagen eingetroffen.
Natürlich kann man darüber streiten, ob vieles einfach nur deshalb nicht so schlimm gekommen ist, weil irgendjemand auf die Warnungen gehört und sich „besser“ verhalten hat. Aber mal ganz ehrlich – so recht glauben können wir es bei der generellen Dynamik des „warum selbst bewegen wenn es die anderen auch nicht tun?“ dann doch nicht, oder?
Wenn ich’s mal für mich bei Licht betrachte, schreibe ich vieles der positiven Entwicklungen der letzten Jahre dann doch dem vielgescholtenen technischen Fortschritt zu – denn auch der ist besser als sein Ruf. Zwar führt auch der in unserer „Industriegesellschaft“ eher weg vom „Industriearbeitsplatz“ hin zum „Schreibtischtäter“, aber damit können wir – so denke ich – ganz gut umgehen. Wenige werden wohl der tatsächlichen schweren, gesundheitsschädlichen und schmutzigen Arbeit früherer Jahre hinterhertrauern – sicherlich gibt es begleitende Umstände, um deren Verlust es aus gesellschaftlicher oder persönlicher Sicht schade sein könnte, aber wenn jemand heute nach einem Arbeitsleben noch in relativ guter Verfassung seinen Ruhestand genießen kann, so war das noch vor wenigen Jahren alles andere als selbstverständlich. Auch wenn das für „unsere Generation“ bedeutet, länger zu arbeiten, mehr in die Rentenkassen einzuzahlen und vermutlich später weniger rauszukriegen. Umsonst gibt’s nichts… (naja eins vielleicht, aber da wollen wir bei einem Artikel über das Gute in der Welt mal nicht dran denken)
Ich weiß noch gut, wie meinem ersten eigenen Auto ein frühes Ende nicht nur durch Schwarzschlamm sondern insbesondere durch Einführung bleifreien Benzins und des Katalysators bereitet wurde. Damals sprach alles vom Waldsterben und selbst Nachbars Fichtenhecke wirkte irgendwie gespenstisch gelb. Erstaunlich nur, dass dieselbe Hecke heute immer noch steht (und wieder grün ist), und dass auch ansonsten einige der einstmals grauen Ruhrgebietsstädte heute mit Baumbeständen protzen können, die ausländische Besucher nur schwer glauben wollen („This is the Ruhrgebiet? They told me all is grey and dirty here…“) – Ja sicher, dazwischen lagen schmerzhafte Schließungen, Millionen von Arbeitslosen und ein kompletter Strukturwandel – aber ist das rückwirkend betrachtet schlecht gewesen?
Vermutlich würden sich viele der früheren finsteren Prophezeihungen problemlos und sogar extremer als gedacht erfüllt haben, wenn nicht der stetige Drang nach Wohlstand auch die ach so böse Technik massiv vorangebracht hätte. Wäre kein Geld drin, hätte kaum ein Industriezweig ein Interesse daran, besonders ressourcenschonende Produkte herzustellen, und wenn eine Gesellschaft wie die unsere schon alles besitzt, muss man zur Neuanschaffung eine Menge Anreize schaffen. Diese Dynamik scheint zu funktionieren.
Und ja, angesichts von globaler Erwärmung, Terroranschlägen, Naturkatastrophen, Gewalt und was-weiß-ich-noch-alles in den Medien könnte man schonmal in Trübsal ausbrechen. Aber ist der eigentliche Fluch nicht auch, dass wir heute über alles viel besser und unmittelbarer informiert werden? Und ist dieser Fluch nicht zu einem guten Teil auch ein Segen, weil wir eben viel besser über die Welt um uns herum Bescheid wissen?
Paradox ist es allemal – wir wissen soviel über unsere Welt, dass sie uns irgendwie schlecht rüberkommt. Wir wissen anscheinend nicht genug um zu erkennen, wie gut sie in vielem ist – und dass wir das durchaus sogar selbst beeinflusst haben.
So schnell geht die Welt nicht unter – Apfelbäumchen pflanzen und an die Zukunft glauben darf ruhig Konjunktur haben!