Mann, ist das nervig.
Wir haben – zumindest kalendarisch – Herbst, und draußen ist es weiß. Das braucht doch kein Mensch. (Ich kann das jetzt hier schreiben, denn wir leben in einer Demokratie und meine Kinder lesen grad nicht mit 😉 )
Für heute nacht hat der Wetterbericht sogar erstmals zweistellige Minusgrade angekündigt. Das erinnert mich mal wieder an mein Reizthema Energiesparen… ich war nämlich gestern abend noch kurz aushäusig und hatte mal wieder das zweifelhafte Vergnügen, an reihenweise Häusern vorbeizukommen, bei denen vor schönster Festbeleuchtung die Fenster auf Kipp standen!
In Zeiten schimmelfreundlich abgedichteter ENEV-Gebäude ist regelmäßiges Lüften zwar grundsätzlich wichtig, aber es ist schon erschütternd, dass trotz öffentlicher und auch zweifelsfrei persönlicher Information sowie den zahllosen Berichten zum Thema im „Reality-TV“ das Gespenst des „Dauerkipplüfters“ immer noch umgeht.
Wir haben da auch so einen Spezialisten als Mieter. Seit Jahren versteht er es, seine Wohnung auf kuschelige 24-25 Grad zu heizen, ist der erste, der schreit, wenn die Heizung zu spät anspringt… …und hat die drei straßenseitigen Fenster seiner Behausung grundsätzlich gekippt (könnte ja zu warm werden!). Sowas kannte ich vordem nur in Berichten aus Russland, wo es ansatzweise Tradition zu sein scheint, die Temperatur in der hochgeheizten Bude über kleine Fensterklappen zu regulieren. Energetisch Wahnsinn, aber in einem Land, in dem Heizkörperthermostate vermutlich höchstens als Exportartikel für den Klassenfeind produziert wurden, zumindest historisch nachvollziehbar (als wir noch Klassenfeinde waren gab’s hier auch noch keine ENEV – die Bausünden der Zeit sind Legende…).
Besonders spaßig wird’s dann immer im März wenn die Heizkostenabrechnung auf den Tisch kommt. Unser „Kipplüfter“ freut sich dann nämlich jedesmal einen Wolf, dass er den absoluten Vogel abschießt mit seiner Nachzahlung. Trotzdem ist er 100% beratungsresistent. Es ist ein Glück, dass es nutzungsabhängige Heizkostenabrechnungen gibt (die allseits berühmt-berüchtigten „Messröhrchen“) – bei rein qm-abhängiger Umlage hätte er vermutlich sonst längst massive Probleme mit seinen Nachbarn.
Bei uns selbst stellt sich das Problem zum Glück nicht – das empfohlene „Stoßlüften“ ist ohnehin das einzige, was kontrolliert umsetzbar ist, wenn man tagsüber arbeiten muss, ist doch die Kippstellung die einzige „Eintrittskarte“ bei Fenstern mit modernen Beschlägen – und Besuch nehmen wir dann doch lieber persönlich in Empfang…
Noch etwas fördert das aktuelle Wetter zu Tage, und das nervt mich nicht minder: In der Gegend wurden in den letzten Monaten (und dank kommender Förderprogramme wohl in Bälde noch viel mehr) reihenweise ältere Häuser mit neuer Fassadendämmung zugekleistert. Diese Dämmung mag grundsätzlich ihre Rechtfertigung haben, schließlich will man sich den Wohnraum aufheizen und nicht die Außenanlagen. Wenn aber die Dämmung auf ansonsten völlig intakte und in zweischaliger Ziegelbauweise hochgezogene Altbauten aufgebracht wird, ist das nicht nur ästhetisch fragwürdig. So richtig problematisch wird’s aber, wenn ich dann sehe, dass diese teilweise nur wenige Monate alten Dämmungen überdeutliche Feuchtigkeitsflecken bis hin zu grau-schwarzen Stockflecken entwickeln. Da denke ich an das Beispiel des nassen Pullovers und wie toll der bei Minusgraden wärmen muss.
Ich werde nichts Negatives über moderne und fachgerecht ausgeführte Passivhäuser verlieren – zwar ist mir das Konzept des praktisch luftdichten Wohncontainers mit gelegentlich richtig raffinierten Be- und Entlüftungskonzepten noch immer ein wenig suspekt, aber es kann offenbar gut funktionieren und spart dann auch unglaubliche Mengen Energie ein – was ich immer toll finde. Mir fehlt aber die „Seele“ eines älteren Hauses, und die alten Hütten haben nunmal das Problem, dass man sie nicht so dicht bekommt, wie das für ein Passivhaus erforderlich wäre – und falls es doch klappt, so ist soviel altes Baumaterial drin, dass der Feuchtigkeitshaushalt nur sehr schwer kontrollierbar wird. Vom Beinahe-Passivhaus bis zum Schimmelbunker ist es dann nur noch ein ganz kleiner Schritt.
Also bleib ich bei der Politik der kleinen Schritte – Brennwerttechnik und Solarunterstützung haben wir, die Fenster entsprechen rundum der ENEV, und für die wohlige Atmosphäre gibt’s auch die Option der Holzfeuerung (Stichwort „Smokey Joe“ – wobei hier keiner raucht, nicht mal der Ofen besonders stark…). Die Mauern aber dürfen weiter atmen, zumindest solange wir nicht Zeit und Geld hatten, den Keller freizulegen und zu isolieren. Das ist nämlich der Haken bei 30er-Jahre-Bauweise – mit Glück hat man damals schon von sowas wie Bitumen-Anstrichen gehört, aber nach 70-80 Jahren und der einen oder anderen Bergsenkung können die Elemente da nur müde drüber lächeln.
Hätte ich Zeit – wieder das schlimme Wort! – würde ich als nächstes gern ca. 120qm Dämmstoff in die noch offenen Dachflächen einbringen – das würde zweifelsfrei auch nochmal was reißen. In Fenster- oder Türennähe werden sich trotzdem immer sanfte Luftzüge zeigen. Solange das so bleibt, haben die Sporen jedenfalls keine Schnitte…
Unser Hausmeister behauptet immer wir sollten „noch mehr“ heizen und „ordentlicher“ lüften. Das ist sein standardspruch. Wir haben diesen Winter mindestens 30% mehr geheizt als letzten Winter. Aber der Schimmel kommt trotzdem. Das Wasser kondensiert nun mal an den 8° kalten Wänden. Nervig, dass bei uns noch nicht saniert wird.
Du liegst schon richtig – wenn man einem alten Gebäude die Soll-Wärmebrücke (= die Fenster) wegnimmt und die Außenwand zur kältesten Stelle im Raum macht, ist klar, wo sich die Feuchtigkeit sammelt. Insbesondere „noch mehr heizen“ kann da sogar kontraproduktiv sein – aber das weiss nicht jeder Hausmeister und auch nicht jeder Vermieter (stimmt schon, Schimmelschäden werden allzugern allein auf Fehlverhalten der Mieter abgewälzt weil das so schön einfach ist). Es kommt aber immer auf die Bausubstanz als Ganzes an, ob eine Sanierung (= Fassadendämmung) den gewünschten Effekt bringt. Gerade gutes altes zweischaliges Vollziegel-Mauerwerk mit Luftspalt ist gemessen an seinem Alter von den Eigenschaften her geradezu genial – das macht aber heute schon aus Kostengründen kein Mensch mehr.
Wenn ein Gebäude äußerlich gedämmt wird (mal unterstellend, dass die Dämmung gut ausgeführt wird und nicht schon nach kurzer Zeit „absäuft“), verlegt das u.U. den sog. „Taupunkt“ tiefer ins Mauerwerk. Das heisst aber nicht, dass die kondensierende Feuchte deswegen aus der Raumluft verschwindet – und Feuchtigkeit findet erstaunliche Wege. Ich sag nicht, dass es dann zu schlimmeren Schäden kommen muss, aber es kann – und praktischerweise dauert es viel länger, bis man die dann bemerkt.
Die 30% höheren Heizkosten sind dieses Jahr übrigens nicht überraschend – die haben wir auch bei gefühlt gleich gehaltenem Raumklima geschafft. Blöder Winter…